Wenn man regelmäßig investiert, z. B. in Aktienfonds, ETFs oder ähnliches, kommt irgendwann der Moment, in dem die Verteilung des Portfolios aufgrund von Kursänderungen aus den Fugen gerät. Schnell hört oder liest man dann von Rebalancing.
Doch was ist das und was macht das eigentlich?
Vor kurzem hatte ich ein tolles Gespräch mit Ümit (Co-Autor von Soundtrack für Vermögenswerte) und wir kamen auf das Thema „Rebalancing“, die Möglichkeiten, die Hindernisse und warum es in Büchern meist sehr einseitig beschrieben wird.
Inhalte
Was ist Rebalancing?
Wikipedia beschreibt Rebalancing als: „…die Umschichtung von Geldanlagen zwecks Wiederherstellung einer zu erzielenden Vermögensallokation (Anlageaufteilung)“ mit dem weiterführenden Satz „Es findet kein Buy-and-hold statt.“.
Dem stimme ich nur zum Teil zu, wie ich unten ausführen werde.
Ich beschreibe Rebalancing wie folgt: „Eine Methode zur Wiederherstellung einer definierten Vermögensaufteilung mit dem Ziel, die Rendite zu optimieren und das Risiko zu minimieren.“
Wo kommt Rebalancing her?
Richtig populär wurde Rebalancing mit den ersten Index basierten Fonds und hat eine Renaissance mit Aufkommen von ETFs erfahren.
Warum sollte man Rebalancing machen?
Anlagen wie Aktien, Anleihen, ETFs & Co werden zu einem bestimmten Kurs gekauft. Mit zunehmender Haltedauer, also das Behalten dieser Anlageklassen, unterliegen diese Kursschwankungen, so dass sich ihr Wert stetig verändert. Einige Aktien, ETFs etc. steigen im Kurs und damit im Wert. Andere wiederum fallen. Somit ergibt sich mit der Zeit ein neues Gesamtbild, also eine neue Vermögensaufteilung.
Ein Beispiel:
Man hat für sich festgelegt, dass man einfach in Aktien und Anleihen investieren möchte. Als Aufteilung sollen 70% in Aktien und 30% in Anleihen mit monatlichen Sparraten fließen, z. B. 70,00 € in Aktien und 30,00 € in Anleihen.
Mit diesem Vorsatz geht man beispielsweise am 01.01.2018 ran und spart Monat um Monat um Monat und so weiter.
Nun ändern sich Monat um Monat die Kurse, was bedeutet, man erhält mal mehr fürs Geld an Aktien und mal weniger an Anleihen und umgekehrt. Hinzukommt, dass sich durch die Kursänderungen auch die Werte der schon gekauften Anteile ändern.
Am 01.01.2019 stellt man nun fest, dass durch das ganze Sparen und die Kursänderungen die Aufteilung nicht mehr 70/30 sondern 75/25 ist. Die Aktien waren sehr erfolgreich, da sie im Verhältnis deutlich mehr angestiegen sind als die Anleihen.
Damit verschiebt sich auch das Anlagerisiko.
Um nun wieder zur ursprünglichen Aufteilung zurückzukehren, ist es ratsam umzuschichten, also gestiegene Anteile zu reduzieren und schwache Anteile zu steigern. Hier kommt Rebalancing ins Spiel.
Wann ist es sinnvoll Rebalancing zu betreiben?
Man könnte obiges Beispiel natürlich auch auf 72/28 ändern oder 69/31, also nur minimale Verschiebungen. Sollte man schon dann loslegen? Nein, denn wenn man bei jeder kleinen Änderung eingreift, kommt man schnell in eine Trading-Falle, also das aktive Handeln von Anteilen.
Um das zu vermeiden, bedient man sich einem Schwellenwert oder auch Abweichungswert. Diesen zieht man von ursprünglich festgelegten Wert zum einen ab und addiert ihn andererseits oben drauf um einen Akzeptanzbereich zu erhalten, innerhalb dessen sich Anteile verschieben dürfen bis man per Rebalancing eingreift.
Ein oft genannter Standardwert ist 20%.
Somit heißt das bei oben genanntem Beispiel:
Man legt den Schwellwert auf 20% fest.
Aktien sollen 70% des Portfolios ausmachen. 20% von 70% entspricht 14%. Somit darf der Anteil nach unten auf 56% fallen oder bis maximal 84% steigen.
Anleihen sollen 30% ausmachen. Also liegt der Abweichungswert bei 6% nach oben sowie unten und wir haben so einen Spielraum von 24% – 36%.
Der obige Wert, 20%, ist ein ein Richtwert. Wenn man sich als Anleger damit nicht wohlfühlt, kann man auch einen anderen Wert nehmen. Kleiner als 10% sollte er jedoch nicht sein, da es ab und an auf den Märkten zu kurzzeitigen starken Schwankungen kommen kann. So ist z. B. ab 10/2018 der Aktienmarkt abgesackt, hatte sich aber zu 02/2019 wieder mit Plus erholt.
Wie oft sollte man rebalancen?
Da man in Aktien, ETFs & Co langfristig investieren soll, sollte das Rebalancing nicht zu oft betreiben werden. Meist wird angeraten, dass in einem festen zeitlichen Abstand und dann zu immer dem gleichen Tag zu machen – was den Anwender auch disziplinieren soll.
In der Regel wird von einmal pro Jahr oder alle 2 Jahre gesprochen.
Ich persönlich habe mir angewöhnt einmal jährlich einen Blick auf die Zusammensetzung zu werfen und das immer zum 01.03. des Jahres.
Wie kann bzw. sollte man rebalancen?
Hier widerspreche ich dem 2. Satz der Definition auf Wikipedia: das ist etwas abhängig von der Anlagestrategie und den Anlageklassen und auch bei der Buy-and-Hold-Strategie anwendbar.
Generell gibt es zwei Arten: das Ver- und Kaufen von Anteilen oder die Anpassung von Sparraten
Verkaufen und Kaufen von Anteilen
Wenn man merkt, dass die Balance nicht mehr stimmt, wird empfohlen, die stark gestiegenen Anteile zu verkaufen und schwächere Anteile nachzukaufen. Mit dem Verkauf der „Starken“ realisiert man zum einen Kursgewinne und minimiert das Risiko eines Verlustes bei sinkenden Kursen. Im gleichen Zuge kauft man schwächere Anteile nach.
Diese Art des Rebalancing kann man sowohl bei Investition in einzelne Titel vornehmen als auch wenn man ETF-Sparpläne nutzt.
Zwei Punkte sollte man jedoch beachten: einerseits fallen durch den Verkauf als auch Kauf Transaktionskosten an, je nach Broker um und bei 10,00 € je Transaktion. Andererseits müssen realisierte Kursgewinne durch einen Verkauf steuerlich gelten gemacht werden.
Anpassung von Sparraten
Gerade bei Sparplänen kann man Rebalancing durch da Anpassen der Sparraten vornehmen. Anstatt also starke Anteile zu verkaufen, senkt man die Sparrate oder setzt diese zeitweise aus. Im Gegenzug erhöht man die Rate bei schwachen Anteilen. Alternativ investiert man per Sparplan in der kommenden Abrechnungsperiode gezielt in schwache Anteile, so dass man direkt einen Ausgleich erreicht.
Und hiermit widerspreche ich der oben genannten Definition von Wikipedia. Rebalancing lässt sich sehr wohl mit einer Buy-and-Hold-Strategie verbinden.
Wie kann ich den Überblick behalten?
Soweit so gut. Doch wir schafft man sich einen Überblick? Einerseits kann man das mit freien Tools wie Portfolio Performance machen und andererseits mit einem einfachen Tabellenkalkulationsprogramm wie LibreOffice oder Excel.
In dieser trägt man seine Positionen, seinen Depotgesamtwert als auch die der Positionen der Positionen ein. Dazu einfach die definierte Verteilung, den eigenen Schwellenwert und damit die Abweichungen. Nun kann man jeweils die Tabelle mit den jeweils aktuellen Daten auf dem aktuellen Stand halten und ablesen, wie die Verteilung aussieht. Ein Beispiel für eine Tabelle findet sich am Ende des Artikels.
Fazit
Rebalancing ist sinnvoll und wichtig, um das Risiko zu minimieren und die Rendite zu optimieren. Doch sollte es nicht übertrieben werden, einmal jährlich reicht. Als sinnvoller Abweichungswert hat sich 20% durchgesetzt, kleiner 10% sollte er jedoch nicht sein.
Linksammlung
Definition (Wikipedia)
Was ist Portfolio-Rebalancing? Artikel von justETF
Downloadmaterialien
Excel-Tabelle als Beispiel