Zu wenig zum Sparen…

Kein Geld zum Sparen

(Fast) Jeder kann anlegen – auch wenig ist besser als nichts!

Es war einer dieser typischen Momente: man sitzt mit Freunden zusammen und plötzlich spricht man über Rente, Altersvorsorge und Geldfragen. Oftmals sitzt immer einer dabei, der mit der Zeit ruhiger wird, manchmal auch geknickt aus der Wäsche schaut.

Der Grund: Er kann nicht mitreden, denn er meint nicht genug zu verdienen, um sparen oder gar für das Alter anzulegen zu können.

Doch ist das, was auf den ersten Blick traurig und tragisch aussieht, auch wirklich so?

Meine Erfahrung: Setzt man sich mit dem Gegenüber konstruktiv auseinander, zeigt sich, dass dem genau eben nicht so ist!

Das eigene falsche Vorurteil

Ich habe in den letzten Jahren beim Thema Sparen bzw. Anlage für die Altersvorsorge von Menschen folgendes bzw. in ähnlicher Form gehört:

„Ich verdiene zu wenig, um noch selber nebenbei (für mein Alter) zu sparen!“

Nun kann man den oder die Gegenüber bedauern, dass dem so ist und zugegeben, es gibt diese Fälle in der Tat. Nimmt man sich dann die Zeit und spricht darüber, vorausgesetzt er oder sie geht darauf ein, zeigt sich jedoch ein anderes Bild. Ich spreche da aus eigener (leidvoller) Erfahrung. Bis vor gut 5 Jahren gehörte ich ebenfalls zu dieser Fraktion: Ich war felsenfest der Meinung, ich verdiene zu wenig um zusätzlich noch sparen und für das Alter Geld anlegen zu können.

Das eigene Bild von seinen Finanzen

Die vermeintlichen Gründe sind meist schnell gefunden:

  • Das Einkommen sei zu gering!
  • Die Ausgaben sind absolut notwendig, da kann man nicht (noch) mehr sparen!
  • Der finanzielle Spielraum, der noch bleibt, wird für Notfälle benötigt!

Dazu kommt dann auch noch ein falsches Denken, wenn es um die Frage der Geldanlage geht, weil

  • man annimmt, dass es sich nur lohne, wenn man regelmäßig hohe Beträge zurücklegt,
  • die Zinsen viel zu niedrig sind, dass sich gar nicht sparen lohnen würde,
  • alternative Anlageformen, bspw. in Form von Aktien, viel zu riskant sind

Die Liste lässt sich noch weiterführen. Am Ende überwiegen folgende „Hindernisse“:

  • Ich verdiene zu wenig und die laufenden Ausgaben sind nicht reduzierbar!
  • Es lohnt sich nicht mit kleinen Beträgen bei den niedrigen Zinsen anzulegen!

Der wirkliche Grund

Die Frage, die jedoch gestellt werden sollte, ist: Was ist der wirkliche Grund?

Ich persönlich kam mehr durch Zufall auf die Antwort: Der ausschlaggebende Grund ist nicht einer der oben aufgeführten Punkte, sondern, dass ich ein falsches Bild über meine Finanzsituation hatte.

Was fehlte war eine saubere, klare Übersicht! Und ein oft genannter Satz „Kleinvieh macht auch Mist!“ gilt sowohl für das Sparen an Kosten als auch das Sparen für später – dazu nachfolgend noch mehr.

Der Weg: Weg mit dem falschen Denken und hin zu Fakten, Fakten, Fakten!

Es gibt einen einfachen Weg, der einen in wenigen Schritten aus dem falschen Denken herausholt, klare Fakten schafft und damit die Basis für eine neue Aufstellung bildet.

  1. Eine Bestandsaufnahme machen!
  2. Kritische Prüfung und in Fragestellung des Ergebnisses!
  3. Abrechnung machen

Danach sieht man (hoffentlich), dass Sparen doch geht und man macht sich an einem Plan, dieses umzusetzen.

Doch der Reihe nach!

Schritt 1: Fakten, Fakten, Fakten! Bestandsaufnahme machen

Der erste Schritt ist ganz klar, eine knallharte Bestandsaufnahme durchführen, damit man weiß, welches Geld wird ausgegeben, welches kommt rein und was steht am Ende nach einer Aufrechnung als Ergebnis dar!

Was braucht man dazu?

Ein guter Start ist,

  • eine Übersicht der Kontobuchungen der letzten drei Monate sowie
  • ein Notizblock oder Stapel Papier bereitlegen, alternativ ein Tabellenkalkulationsprogramm am Rechner oder Tablet, und
  • einen Taschenrechner bereithalten.

Was ist das Ziel?

Bevor man loslegt, sollte das Ziel der „Übung“ noch mal klar vor Augen geführt werden: Zu wissen, welches Geld kommt rein, wohin verschwindet es und was bleibt unterm Strich übrig!

Wie geht man vor?

Um einen Überblick über die Einnahmen und Ausgaben zu erhalten, ist es sinnvoll, vorab zu überlegen, wie man alles am besten und einfachsten zusammenfasst – man spricht auch gern vom Clustern oder Kategorisieren – um eine evtl. endlos lange Liste zu vermeiden.

Eine typische Kategorisierung ist,

  • alle fixen, regelmäßigen Ausgaben,
  • alle variablen, jedoch ebenfalls regelmäßigen Ausgaben sowie
  • alle anderen, sonstigen, Ausgaben

separat zu notieren. Das hilft der Übersicht und die Überprüfung der Ausgaben ist in den folgenden Schritten einfacher.

Beispiele

Zu den fixen, regelmäßigen Ausgaben zählt man bspw. die Miete, Stromkosten, Ratenzahlungen für Kredite oder Versicherungsbeiträge.

Die variablen, regelmäßigen Ausgaben sind z. B. Ausgaben für Lebenshaltung, also das Einkaufen, oder Tankkosten, da sie in der Höhe gerne variieren.

Unter dem letzten Punkt, den sonstigen Ausgaben, erfasst man die Ausgaben, die entstehen, jedoch nicht unbedingt zum Leben notwendig sind oder variieren können, wie bspw. das Netflix-Abo (ja, das ist ernst gemeint) oder der Coffee-to-go (auch ernst gemeint).

Los geht´s!

Wenn man seine Kategorien gefunden hat, geht es auch schon los. Am besten pro Kategorie einen Zettel oder eine Tabelle und dann heißt es die Buchungen einzeln durchzugehen, jede einzelne!, und diese entsprechend auf dem jeweiligen Blatt notieren. Man sollte nicht die u. U. epische Informationsflut aufschreiben, es reicht meist schon ein Muster wie

  • an welchem Tag geht das Geld ab, z. B. immer zum 01. des Monats
  • an wen geht das Geld, z. B. den Vermieter, das Versicherungsunternehmen
  • wofür geht das Geld weg, z. B. die Miete, die Versicherung 4711, den Kredit 0815
  • wie viel Geld geht weg

Natürlich gilt das auch für eingehendes Geld, was bei vielen ggf. einer Buchung gleichkommt, dem Gehaltseingang.

Das kann das z. B. so aussehen:

Blatt / Tabelle 1 – fixe Ausgaben

An Für Am Wie viel
EnergieMuster Strom 01. 70,00 €
Hausverwaltung Mustermann Miete 01. 900,00 €
Rundfunkbeitrag Fernsehen, Radio 01. alle 3 Monate 54,00 €

Blatt / Tabelle 3 – sonstige Ausgaben

An Für Am Wie viel
Sternenkleingeld Kaffee täglich 90,00 €
Kleine Brötchen Bäcker Frühstück 5x die Woche 60,00 €

Was sollte man noch betrachten?

Wenn man obigen Vorschlag durchführt und die letzten drei Monate betrachtet, hat man ein erstes, gutes Bild. Dennoch kann es vorkommen, dass entscheidende Buchungen fehlen wie z. B. Versicherungen, die zum Jahresbeginn den Beitrag für das komplette Jahr einziehen.

Daher ran an die Dokumente, alle Verträge durchgehen und diese nach dem gleichen Muster notieren.

Ein Tipp: Es gibt gefühlt so viele Vertragsarten wie es Zahlungsmöglichkeiten gibt, wie bspw. monatliche, quartalsweise, halbjährliche oder jährliche Zahlung. Um einen guten Überblick zu erhalten und weil im ersten Schritt die monatlichen Buchungen durchgeforstet wurden, sollten die hier gefundenen Ausgaben auf „pro Monat“ umgerechnet werden. Nichts ist fataler, als bei einer Aufstellung den jährlichen Beitrag von 600,00 € für die KFZ-Versicherung zu vergessen, weil diese zum 1. des Jahres abgebucht wird. Denn seien wir mal ehrlich: solche Verträge und Zahlungen kommen zum Jahresanfang gefühlt „urplötzlich“ und „unerwartet“, fast wie da alljährliche Weihnachtsfest.

Schritt 2: Erste Standortbestimmung – eine Zwischenabrechnung

Wenn man soweit ist, alles durchgeschaut und notiert hat, heißt es: Erst einmal aufrechnen!

Alle Zettel nehmen und pro Kategorie alles schön aufsummieren. Zum Schluss dann alles gegenrechnen, was kommt rein, was geht ab und schon haben wir die Zahl, die am Ende pro Monat überbleibt.

Je nach Situation kann das hart sein. Doch das ist ja das Ziel: Schaffen harter Fakten statt weichem Denken. Es ist empfehlenswert, dieses einmal sacken zu lassen.

Schritt 3: Prüfen und streichen – nichts ist für immer!

Jetzt wo man weiß, wo man finanziell steht, vielleicht auch den einen oder anderen Schock überwunden hat, heißt es, die Situation zu verbessern.

Schon bei Schritt 1 sollte man ehrlich zu sich selber gewesen sein und wirklich alles an Ausgaben und Einnahmen erfasst haben. Das gilt für diesen Schritt noch viel mehr, denn es geht darum jede Ausgabe brutal ehrlich auf Notwendigkeit zu prüfen und, auch wenn es schwerfallen mag, im Zweifel zu streichen!

Es gibt Ausgaben, die lassen sich nur schwer, wenn überhaupt, reduzieren oder gar streichen. Dazu gehören z. B. die Miete, denn wo soll man leben. Dann gibt es Ausgaben, die schneller bewertet werden können, wie bspw. der allmorgendliche Coffee-to-go.

Um in diesem Schritt effektiver zum Ziel zu kommen, hilft die Kategorisierung, die oben genannt wurde. Am besten fängt man mit den Ausgaben an, die unter „Sonstiges“ fallen und arbeitet sich zu den fixen Ausgaben hoch.

Jede Ausgabe gilt es auf Notwendigkeit oder Alternativen zu prüfen. Bleiben wir beim Coffee-to-go-Beispiel so kann die Frage sein, brauche ich ihn (also kann ich ihn streichen) oder was kann ich alternativ und damit kostengünstiger machen (wäre ein selbstbrauen und im Becher mitnehmen machbar). Ein persönliches Beispiel: ich habe mir wochenlang den Genuss von zwei halben belegten Brötchen beim Bäcker gegönnt. Jeden Morgen waren das mal eben 3,30 € – oder 16,50 € in der Arbeitswoche. Darauf verzichten will und kann ich nicht. Die Alternative für mich war und ist immer noch: selber schmieren. Somit komme ich nun auf wöchentlich 4,80 € an Ausgaben (2,50 € für Brötchen, täglich eines zu 0,50 €, plus die Kosten für „Was druff“) – schlanke 11,70 € pro Woche bzw. 46,80 € pro Monat weniger Ausgaben! Es gilt also: Wenn die Ausgabe nicht wirklich notwendig ist, am besten diese Ausgabe markieren oder separat notieren bzw. die neue Ausgabenhöhe einer möglichen Alternative und Ersparnis notieren.

Bevor man sich zu viel zumutet, sollte man nach der Prüfung der sonstigen Ausgaben durchatmen und eine weitere Zwischenbilanz ziehen.

In meinem privaten Fall haben wir das gemacht und mein Bekannter musste feststellen, dass einerseits schon einiges an Einsparpotential zusammengekommen war. Wir kamen nach der Prüfung der sonstigen Ausgabe auf eine Summe von 130,00 € im Monat – und dabei wurden die wenigsten Positionen gestrichen sondern durch kostengünstigere Alternativen ersetzt, der Kaffee und das Brötchen waren hier dabei. Andererseits setzte dies neue Energien frei und sorgte für eine ganz andere Motivation: wir haben uns in nächsten Schritt die variablen Kosten angeschaut.

Mein Tipp: Wenn man schon zu Beginn auf ein Einsparpotential von um und bei 100,00 € kommt, kann man es fürs Erste gut sein lassen. Setzt neue Motivation ein, ist ein Blick auf die variablen regelmäßigen Kosten empfehlenswert.

Im Falle meines Bekannten kamen wir im Anschluss auf einige interessante Kosten. Ein Großteil war das Thema Fahrtkosten. Er führ jeden Tag mit dem Auto innerhalb der Stadt zur Arbeit. In Summe kam er auf gut 250,00 € Tankkosten – sonstige Fahrten inklusive. Hier haben wir zwei mögliche Alternativen geprüft: a) wären öffentliche Verkehrsmittel möglich und wenn ja, wie teuer sind die, sowie b) gibt es die Möglichkeit, diese „umzuwälzen“, z. B. durch Fahrtkostenerstattung seitens des Arbeitgebers, die Möglichkeit eine Fahrkarte durch den Arbeitgeber finanzieren zu lassen oder einen Lohnsteuerermäßigungsantrag. Am Ende zeigte sich, dass die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel im Schnitt ähnlich lange dauert, oftmals sogar schneller geht. Zudem sollte eine Fahrkarte nur noch 100,00 € im Monat kosten. Ein Lohnsteuerermäßigungsantrag brachte ca. 80 € pro Monat an Entlastung.

Ein anderes Beispiel kann der wöchentliche Einkauf sein. Viele neigen dazu, bei DEM Supermarkt ihrer Wahl einzukaufen – alles was sie brauchen. Der Blick auf die „Mitbewerber“ kann jedoch hilfreich sein, denn oftmals bieten die sich einen Aktionskampf und bieten vieles „reihum“ für Aktionspreise an. Ich habe früher selber immer nur bei einem Supermarkt eingekauft. Als ich das – wie ich es gern nenne – „Supermarkthopping“ gestartet habe, erkannte ich schnell: Es lohnt sich! Im Schnitt konnte ich meine Ausgaben gut 25,00 € pro Woche reduzieren, was ca. 100,00 € pro Monat bedeutete.

Ist man mit diesen Ausgaben durch, gilt erneut: Abrechnen!

Schritt 4: Die Abrechnung – „Butter bei die Fische!“

Es ist soweit: Man hat seine Ausgaben soweit durchgeschaut, die Streichkandidaten identifiziert oder die Alternativen notiert – jetzt gilt es alles zusammenzurechnen!

In meinem genannten Beispiel kamen wir plötzlich auf eine Gesamtsumme in Höhe von fast 250,00 €, die jeden Monat eingespart werden konnte. Ein Beleg für o. g. Punkte: Das Selbstbild war verzerrt und in der Tat gab es einige Ausgaben, die sich als nicht notwendig darstellten. Zudem zeigte sich im positiven Sinne, dass Kleinvieh eben auch Mist macht und zwar in Summe eben viel Mist.

Einmal ist kein Mal – immer wieder prüfen

Wenn man jetzt denkt, super, dann ist das ja geschafft und damit abgeschlossen, weit gefehlt. Man sollte seine Ausgaben immer wieder überprüfen. Um nicht ggf. jedes Mal die gleiche Prozedur durchgehen zu müssen, hier ein Tipp:

Es ist empfehlenswert seine monatlichen Ausgaben festzuhalten und jeden Monat abzuhaken. Hier kann eine Tabellenkalkulation wie Excel oder OpenOffice Calc sehr hilfreich sein. Ich habe mir bspw. ein Excel-Arbeitsblatt erstellt, in dem ich mir vorne die einzelnen Ausgaben mit Namen, der Höhe und dem Datum der Buchung bzw. des Geldabgangs runtergeschrieben habe. Danach folgen die jeweiligen Monate des Jahres als Spalten. Jeden Monat prüfe ich meine Buchungen und streiche die Ausgaben ab. Das hilft mir den Überblick zu behalten und jederzeit zu wissen, wie viel Geld geht noch weg. Der Zusatznutzen ist, dass man mit der Zeit auch die Ausgaben sporadisch auf weitere Notwendigkeit prüft.

Die Tabelle kann z. B. so so aussehen:

Kostenpunkt Höhe Buchungstag 08/2019 09/2019
NordEnergie,  Strom 70,00 € 01. x x
Miete 900,00 € 01. x x
Rundfunkbeitrag 18,00 € 01. alle 3 Monate x x
Audible 9,95 € 13. x  
Festnetz 29,99 € 28. x  
Gehalt 1.234,56 € 28. x  
         
Summe 206,62 €      

Schritt 5: Einfach mal laufen lassen

Bevor es daran geht sich Gedanken um den Vermögensaufbau zu machen, sollte man mit der neuen Situation eine Zeit lang leben und sich beobachten, ob man gut damit klar kommt. Denn was auf dem Papier gut zu lesen ist, muss sich in der Praxis nicht auch gleich gut anfühlen. Im Gegenteil, es ist total normal, dass es sich ungewohnt anfühlt. Daher einfach etwas Zeit nehmen, die neue Situation zu erleben. Meiner Erfahrung nach, merkt man nach 4 – 8 Wochen, ob es funktioniert.

Tipp: Das gesparte Geld am besten zur Seite packen, z. B. auf ein Tagesgeldkonto oder Sparbuch, damit man nicht der Versuchung nachgibt, das Geld auszugeben.

Schritt 6: Kleinvieh macht auch Mist – und nicht zu wenig!

Wie oben geschrieben ist ein verbreitetes Vorurteil, dass man für den Vermögensaufbau entweder immer zu wenig Geld hat oder man andererseits zu viel Geld braucht. Gern wird dabei vergessen, Faktoren wie die Anlagezeit oder verschiedene Anlageoptionen zu betrachten – gerade bei letzterem ist der erste Gedanke das altehrwürdige Sparbuch, dass heute nichts mehr abwirft oder Kapitallebensversicherungen, die mehr kosten als sie einbringen.

Dabei ist es heute viel einfacher zu investieren, um eine gute Rendite bei vertretbarem Risiko zu erzielen: Dank börsengehandelter Indexfonds, ETFs (Exchange Trading Funds)

Ich hatte gerade vor kurzem ein interessantes Gespräch, in dem das Sparbuch hervorgekramt wurde und ein falsches Verständnis zeigte: es sei sicher und biete wenigstens (je nach Institut) bis zu 1% Zinsen, auch wenn es früher besser war mit bis zu 7%. Sicher ist das Sparbuch, zumindest bis zu einer gewissen Höhe, u. a. durch Einlagensicherungen der Institute. Doch bringt es keine Rendite – heute noch weniger als vor 20 oder 30 Jahren. Der Denkfehler ist, dass die Inflationsrate meist vergessen wird zu berücksichtigen. Selbst wenn heute ein Sparbuch 1,00% Zinsen abwirft, vernichtet es jährlich Geld, da eine durchschnittliche Inflation von 2,00% die Kaufkraft mindert. Auch vor 20 oder 30 Jahren hatten wir Inflation. Doch statt 2,00% lag die damals bei 5,00-7,00% und hat somit nur zu einem Zuwachs von max. 1,00% geführt.

Börsen gehandelte Indexfonds und Aktien haben in den letzten 100 Jahren durchschnittlich eine Rendite von 8,00% pro Jahr gebracht. Das trotz verschiedener Krisen wie dem 2. Weltkrieg, der Kuba- oder auch Ölkrise. Trotz Irak-Krieg oder den Angriffen vom 11.09.2001. Erst recht durch Crashes wie der Dot-Com-Blase oder der Finanzkrise durch die Lehman-Pleite. Natürlich: Zahlen auf Basis von Vergangenheitswerten bieten keine Garantie, dass dieses auch für die kommenden 100 Jahre gilt, dennoch bieten sie eine fundierte Basis.

Konservative Annahmen gehen aktuell davon aus, dass weiterhin 5,00% Rendite pro Jahr, nach Abzug der Inflation!, erzielt werden und dieses als Basis genommen werden kann.

Der andere Punkt ist die Anlagedauer. Gerade beim Vermögensaufbau ist diese immens wichtig. Vermögensaufbau, auch als Alternative zur Altersvorsorge, sollte auf lange Sicht betrachtet und betrieben werden. Daher empfiehlt man eine Anlagedauer von mindestens 15 Jahren – 20 Jahre und mehr sind umso besser. Ein Grund ist, dass so evtl. kommende Crashes besser kompensiert werden und durch Ausschüttungen oder Wiederanlage ein Zinseszinseffekt eintritt.

Um zu zeigen, dass Kleinvieh eben doch nicht zu vernachlässigen Mist macht und das am Ende doch ein nicht zu verachtendesVermögen entstehen kann, hilft es in den Diskussionen ein paar exemplarische Beispielrechnungen aufzuzeigen:

  • Generell wird von einer Anlagezeit von 20 Jahren und
  • einer Rendite von 5,00% pro Jahr ausgegangen
  • die Beträge stellen monatliche Sparraten dar
Sparrate Endvermögen Eigene Zahlung Zinsen/ Rendite
25,00 € 10.188,45 € 6.000,00 € 4.188,45 €
50,00 € 20.376,89 € 12.000,00 € 8.376,89 €
75,00 € 30.565,34 € 18.000,00 € 12.565,34 €
100,00 € 40.753,79 € 24.000,00 € 16.753,79 €

Es zeigt sich also, selbst kleine Beträge bringen 5-stellige Summen am Ende hervor!

Im Schnitt zahlt man knapp 59% selber ein und erhält „on top“ knapp 41% in Form von Rendite.

Wenn man diese Beispiele als Altersvorsorge und damit Aufbesserung der Rente anschaut, bedeutet das auf eine zu erwartende Rentenzeit von 20 Jahren folgende monatliche Zusatzrente:

  • es wird davon ausgegangen, das angesparte Geld angelegt zu lassen
  • bei einer Rendite von 5,00% pro Jahr und
  • über 20 Jahre auszuzahlen
Endkapital monatliche Auszahlung
10.188,45 € 66,33 €
20.376,89 € 132,67 €
30.565,34 € 199,00 €
40.753,79 € 265,33 €

Man sieht also sehr gut, dass auch kleine Sparraten schon zu einem kleinen Vermögen und bspw. einer kleinen monatlichen Zusatzrente beitragen.

Ganz entscheidend ist: Macht man nichts, sieht es viel schlimmer aus – man hat sowohl auf der Endkapitalseite eine fette Null stehen als auch bei einer späteren möglichen Auszahlung!

Schritt 7: Ran an den Speck – los gehts mit Umsetzung!

Nackte Zahlen sind das eine, sich an die neue Situation zu gewöhnen eine andere Sache, doch am Ende wird nichts daraus, wenn man nicht loslegt. Also los!

Die Umsetzung sollte zweigleisig passieren.

1. Gleis: Die Reserve

Die eine Hälfte des eingesparten Geldes sollte zur Seite gelegt werden, z. B. auf ein Tagesgeldkonto, um eine Reserve aufzubauen. Denn nichts ist phasenweise ungewisser als das Leben. In solchen Fällen ist eine finanzielle Reserve notwendig, um z. B. den Griff zum teuren Dispo oder einem Kleinkredit unbedingt zu vermeiden.

2. Gleis: Die Anlage

Die andere Hälfte sollte langfristig angelegt werden. Hier kommen bspw. ETFs ins Spiel, die einem helfen breitgestreut in Aktien zu investieren. Je nachdem wie viel man monatlich anlegen kann, bieten sich folgende einfache Modelle an.

Sparen von 25,00 € bis 75,00 €

Bei Sparraten von mindestens 25,00 € bis zu 75,00 € sollte ein ETF genommen werden. Hier kann man zwischen

  • dem MSCI World und
  • bei einigen Brokern auch dem sog. MSCI All Country World

wählen. Der erste (MSCI World) bildet als Index über 1.600 Unternehmen aus den 23 Industrieländern ab. Der zweite (All Country) hat zusätzlich noch gut 1.000 Unternehmen aus den sog. Schwellenländern wie Brasilien, China, Russland und mehr dabei. Damit ist dieser ETF eine Spur breiter gestreut.

Sparen von mind. 75,00 € bis 100,00 €

Bei einer Sparrate von mind. 75,00 € kann man entweder einen ETF nehmen oder die Rate auf zwei ETFs verteilen.

Will man nur einen ETF nehmen, setzt man auf einen der beiden o. g. ETFs.

Bei der 2-ETF-Aufteilung empfiehlt es sich

  • 70% in einem MSCI World und
  • 30% in einen MSCI Emerging Marktes (Schwellenländer)

zu investieren.

Warum unterschiedlich hoch investieren? Die Schwellenländer sind etwas riskanter als Industrieländer, das liegt u. a. an deren politischen Situationen (z. B. China, Brasilien) als höheren Schwankungen durch Inflation (z. B. Brasilien). Dafür ist die Rendite deutlich besser. Durch das Verhältnis (hier beispielhaft 70%:30%) wird die Rendite optimiert und das Risiko gemindert.

Sparen ab mind. 100,00 €

Bei einer Sparrate von mind. 100,00 € sollte man noch einen weiteren ETF einbeziehen, der kurzläufige europäische Staatsanleihen beinhaltet. Dieser ETF dient weniger zur Renditesteigerung sondern als Sicherheitsbaustein. Der Grund ist, dass Anleihen sich etwas gegenläufig zu Aktien entwickeln. Sie neigen zu Wertsteigerungen, wenn die Aktienmärkte unter Druck stehen – dadurch sind sie jedoch auch renditeärmer in Zeiten steigender Aktienkurse.

Eine gute und empfohlene Aufteilung ist, dass man 70% in Aktien und 30% in Anleihen investiert. Daraus resultiert folgende Anlagemöglichkeit

  • Aktien (70%)
      • MSCI World (49% entspricht 70% Anteil bei 70% Aktien)
      • MSCI Emerging Markets (21%, entspricht einem 30% Anteil bei 70% Aktien)
  • Anleihen (30%)
      • Europäische Staatsanleihen, kurzläufig (30%)

Wohin mit dem Geld?

Wenn man sich für ein Model entschieden hat, geht´s an die Suche bzw. Auswahl des Brokers. Hier gibt es eine Vielzahl von Anbietern. Wichtig ist weniger der Name als dass folgende Punkte geprüft werden sollten

  • die Kosten für Sparpläne sollten gering sein, viele Anbieter haben kostenlose ETFs im Angebot
  • die Mindesthöhe der Sparrate sollte nicht höher als 50,00 € (z. B. beim sbroker) sein, besser nur 25,00 € (z. B. comdirect)

Die Depotbeantragung und Anlage von Sparplänen ist bei fast allen Brokern einfach und schnell gemacht.

Online das Depot beantragen, die notwendigen Dokumente herunterladen und drucken. Je nach Broker entweder per VideoIdent legitimieren oder z. B. zur Post und das Procedere persönlich via PostIdent durchführen. Meist bekommt man nach 5-7 Tagen alles Notwendige nach Hause geschickt.

Sind die notwendigen Dokumente da, online beim Broker einloggen, die gewünschten ETFs suchen und als Sparplan anlegen.

Ab dann heißt es: dabei bleiben und freuen – auch in schlechten Zeiten!

Zu guter Letzt – ein bisschen Zusammenfassung

  • Überblick über die Ausgaben verschaffen, am besten nach groben Kategorien aufgeteilt
  • Alle Unterlagen prüfen, wie Kontoauszüge, Vertragsdokumente, Versicherungspolicen etc.
  • Kritisch prüfen, was man nicht mehr benötigt oder welche günstigeren Alternativen es gibt
  • Das Einsparpotential feststellen
  • Eine gewisse Zeit mit der neuen Situation leben, z. B. 1-2 Monate
  • An die Reserve bzw. dessen Aufbau denken
  • Überlegen, wie man anlegt und loslegen!

Fazit

Ich hoffe, dieser Artikel zeigt: auch wenn man der festen Meinung ist, dass man scheinbar kein Potential hat, Geld für den Vermögensaufbau und / oder die Altersvorsorge anzulegen, muss dieses Bild nicht stimmen.

Ein detaillierter Überblick über die Einnahmen- und Ausgabensituation ist nicht nur zwingend notwendig, er hilft auch das Bild zu korrigieren.

Selbst wenn nur wenig Geld zum Vermögensaufbau vorhanden ist, ist das Ergebnis nicht zu verachten („Kleinvieh macht auch (viel) Mist!“).

Denn was ist die Alternative? Mache ich nichts, habe ich auch nichts! Jeder Euro ist hilfreich!

Weiterführende oder verwandte Artikel

Nachwuchs & Vermögensaufbau

Linksammlung

Rechner

Sparplanrechner

Entnahmerechner

Begrifflichkeiten

ETF (Wikipedia)

Industrieländer (Wikipedia)

Schwellenländer (Wikipedia)

MSCI World (Finanztip)

MSCI Emerging Markets (Wikipedia)