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Vor gut einer Woche habe ich einen interessanten Beitrag auf der Facebook-Seite „ETF-Strategie“ gesehen und mich verleiten lassen zu antworten. Meine gut gemeinte Meinung führte dazu, dass ich mir über das Thema noch mal Gedanken machen musste.
Inhalte
Der Stein des Anstoßes
Ein Mitglied fragte, was er mit einem aktiven Fonds machen sollte, da er in ETFs investieren möchte.
Weiter besparen trotz der Kosten?
Den Fondssparplan kündigen und in Standard- oder ausschüttende ETFs investieren?
Das Fondsobjekt
Der Fonds selber ist eine Mischung aus Aktien, Anleihen, Rohstoffen und mehr. Mit einem Renditefokus und damit starkem Aktienanteil.
Fondshandhabung
Bei dem Fonds handelt es sich generell erst mal um
a) einen Fonds, der „einen aktiven Investmentansatz“ verfolgt,
b) mit einen Fondsmanager, der „flexibel in die Vermögensklassen“ investieren kann, „die aus seiner Sicht im jeweiligen Kapitelmarktumfeld attraktiv erscheinen“,
c) mindestens in 25% Aktien investiert ist.
Die Zusammensetzung ist vom Anbieter selbst gewählt.
Lt. eigener Aussage (auf der Webseite) gilt als Grundlage für Anlageentscheidungen das Chance-Risiko-Verhältnis und ein Renditepotential, dass evtl. Anlageverluste deutlich übersteigen muss.
Wichtig dabei scheint den Machern zu sein, dass sich ihr Fonds „bewusst an keinem Vergleichsindex“ orientiert.
Fondszusammensetzung
Der Fonds baut sich z. Zt. (Stand 30.04.2019) aus Aktien (zu ca. 62%), Kasse (ca. 19,7%), Edelmetalle (rund 10%) Renten (ca. 7,4%) und Wandelanleihen (0,3%) auf. Interessant ist, dass unter „Sonstiges“ bspw. Derivate genannt werden und einen Anteil von -0,23% haben sollen.
Bei den Aktien sind in den TOP 10 Unternehmen wie Nestlé, Philip Morris und Berkshire Hathaway als auch Alphabet und DAX-Werte wie Daimler, BMW enthalten.
Ein Großteil der Aktieninvestitionen landet im Bereich „Lebensmittel, Getränke und Tabak“ mit knapp unter 20%. Es folgen mit um und bei jeweils 9,5% Branchen wie Haushaltsartikel, Roh-/Hilfs-/Betriebsstoffe als auch Automobile und Finanzdienstleister.
Weitere Fondsdaten
Stand Ende Mai hat der Fonds ein Volumen von insgesamt ca. 14,1 Milliarden Euro. Aufgesetzt wurde der Fonds Ende Oktober 2007.
Fondskosten
Interessant wird es beim Thema Kosten. Aufgrund des aktiven Ansatzes sollte es den gewillten Anleger nicht verwundern, dass der Ausgeber Geld verlangt.
Zum einen kommt ein Ausgabeaufschlag (= Gebühr für den Investor, die beim Kauf bzw. Verkauf von Fonds gezahlt werden muss) auf den Investor zu, dieser kann bis zu 5% hoch sein. Leider fand ich keine Aussagen, wann die Kosten wie hoch defacto sind. Es hat den Anschein, dass der regelmäßige Investor per Sparplan 2,5% Ausgabeaufschlag zahlt, während Einmalanleger 5% zahlen müssen.
Hinzukommen dann laufende Kosten von 1,63%, die 1,53% Verwaltungsvergütung beinhaltet – also 0,10% für Sonstiges.
Abgerundet wird das Kostenthema mit einer „Erfolgsabhängigen Vergütung“. Bis zu 10% scheint man quartalsweise einzustreichen, in Abhängigkeit der Wertentwicklung und wenn Wertminderungen ausgeglichen wurden. Lt. Anlegerinformation soll das im vergangenen Geschäftsjahr 0,28% gewesen sein.
Ein Zwischenfazit
Es handelt sich um einen Fonds, mit dem ein aktiver Ansatz verfolgt wird und bei dem Fondsmanager eingreifen, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Er versucht – vielleicht überspitzt formuliert – den Markt zu schlagen, was – Dank einer Vielzahl von Studien – nicht funktionieren kann, da Market Timing nicht funktioniert.
Auf den Investor kommen zwischen (im günstigsten Fall) 4,41% und 16,63% (im schlimmsten Fall) jährliche Kosten zu. Im Folgenden bleibe ich bei dem günstigsten Fall und unterstelle einfach ca. 4,4% Kosten.
Meine schnelle (vielleicht voreilige?) Meinung war: „Weg damit, dass kostet zu viel Geld!“
Prompt bekam ich Gegenwind von einem anderen Gruppenmitglied, der mich fragte, ob ich den Fonds überhaupt kenne und im Folgenden meinte, Kosten seien nicht alles, besonders bei sehr guter Performance.
Das bewegte mich zu einer weiteren Runde, mir das noch mal genauer anzuschauen.
„Kosten seien nicht alles…“
…gehe ich mit. Denn umsonst ist nichts. Doch müssen sich die Kosten im Rahmen halten. Das die Ausführung von Investitionen, egal ob per Sparplan oder Einmalinvest, Menschen beschäftigt und Kosten verursachen, die bezahlt werden müssen, verstehe ich.
Doch Skepsis darf angebracht sein, was die Höhe betrifft und wenn die Gesellschaft zusätzlich noch „Wertentwicklungsgebühren“ abziehen und einstreichen darf.
Als passiver Anleger, der es einfach und transparent haben möchte, darf ich bzgl. solcher Kosten und der Höhe kritisch sein.
„…wenn die Performance stimme!“
Das ist sicherlich ein guter Punkt!
Die sieht auf den ersten Blick in der Tat erstaunlich aus. Da wird mit 39,5% Wertzuwachs in 2009 geworden – zwei Jahre nach Aufsetzung des Fonds. Doch die Folgejahre zeigen 5 Jahre, die eine Entwicklung von „nur“ 5,0%-8,9% hatten und auch einen Verlust von über 5% in 2018. Hinzukommt, dass der Fonds mit 11,5 Jahren noch vergleichsweise jung ist.
Schaut man auf der Webseite zeigt sich für die vergangenen 10 Jahre (und damit wird der Piek aus 2009 berücksichtigt) eine kumulierte Wertsteigerung von 10,6% pro Jahr.
Liest sich auch erst mal gut. Doch muss man davon die Kosten abziehen. Leider lagen keine Informationen zu den Kosten der letzten 10 Jahre vor, so dass ich sehr vereinfacht von den o. g. 4,4% als durchschnittliche Kosten pro Jahr ausgehe. So sieht das Ganze dann doch etwas anders aus: ca. 6,2% pro Jahr.
Vergleichbarkeit
Lt. eigener Aussage ist der Fonds nicht mit einem anderen Index vergleichbar. Dieses ist sicherlich in soweit richtig, als dass eine 1:1-Nachbildung schwierig wird. Dennoch meine ich, dass man das Portfolio nachbilden kann, z. B. mit drei einfachen ETFs
• für Aktien: MSCI ACWI oder MSCI World
• für Edelmetalle: iShares Diversified Commodity (der jedoch noch sehr jung ist) oder L&G Longer Dated All Commodities
• für Renten: iShares Euro Government Bond 5-7yr
Baut man ein solches Depot mit entsprechenden Verteilungen auf, kommt man über einen Zeitraum von 10 Jahren auf eine Rendite von ca. 7,9% pro Jahr.
Mein Fazit
Wie gesagt, ich mag es einfach und transparent. Ein derartiger Fonds kommt für mich persönlich nicht in Frage. Die Kosten und damit der teure aktive Ansatz sind für mich das K.O.-Kriterium. Das Argument „Kosten sind nicht alles, wenn die Performance stimmt!“ teile ich nicht. Kosten sind ein entscheidender Faktor für die Rendite und damit wichtig.
Einzig meine (voreilige) Meinung habe ich etwas revidiert: statt „weg damit“ lautete meine finale Aussage, den Fonds zu behalten und nicht weiter zu besparen, dafür in ETFs zu gehen.
Anmerkungen
Dieser Artikel stellt keine Beratung dar, sondern lediglich meine persönliche Meinung!
Die Berechnungen wurden nach bestem Wissen und Gewissen vorgenommen. Irrtümer kann ich jedoch nicht ausschließen.
Die obigen Ausführungen sind zudem sicherlich nicht auf jeden Fonds übertragbar.
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